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Schlagwort: Auslastungsschwankungen

Juli 2019

Die Kommunikation betriebswirtschaftlicher Fakten ist anspruchsvoll. Zwei Beispiele.

1) Die Gemeinden weisen nach der Modernisierung des Rechnungswesens markant mehr Eigenkapital aus, ohne dass die Bürgerschaft davon profitieren kann.

Die LU-Gemeinden modernisieren aktuell das Rechnungswesen unter dem Begriff «HRM2». Sie kommunizieren mit neuen Begriffen und Darstellungen sowie mit höherer Transparenz. Sie zeigen in den Bilanzen die realistischen Vermögenswerte und positionieren sich damit mit der Privatwirtschaft auf Augenhöhe. Konkret führt die Neubewertung von Anlagen, welche keinem öffentlichen Zweck dienen, zu höherem Finanzvermögen und die Aufwertung von Anlagen, welche einem öffentlichen Zweck dienen, zu höherem Verwaltungsvermögen. Damit zeigen sich die Aktivseite beim Finanz- und Anlagevermögen und die Pas-sivseite beim Eigenkapital gleichermassen gestärkt. Als Folge der Aufwertungen des Verwal-tungsvermögens, welches ausser den Grundstücken linear abgeschrieben werden muss, erhöht sich der jährliche Abschreibungsbedarf zu Lasten der Erfolgsrechnung. Dieser erhöhte Bedarf wird, bis die generierte Aufwertung des Verwaltungsvermögens aufgebraucht ist, zu Lasten des Eigenkapitals finanziert. Mit diesem «Trick» gelingt es den Gemeinden, das Ziel der objektiven Darlegung der Anlagewerte zu erreichen, ohne die laufende Rechnung zu belasten. Darum kann die Bürgerschaft trotz der besseren Vermögenslage keine Steuersenkung erwarten.

Als weitere Anpassungen werden Vorausfinanzierungen als «Freie Reserve» und Spezialfinanzierungen als «Saldo Verpflichtung Spezialfinanzierung» ins Eigenkapital integriert. Zugleich wird die Aktivierungsgrenze deutlich gesenkt. Künftige Investitionen können nicht mehr aus Vorausfinanzierungen oder aus Rücklagen der Spezialfinanzierung finanziert werden. Investitionen werden aktiviert und linear zu Lasten der Erfolgsrechnung abgeschrieben.

Pflegeheime mit einem öffentlich-rechtlichen Status, welche in der Gemeinderechnung integriert sind, werden über das Konto «Saldo Verpflichtung Spezialfinanzierung» im Eigenkapital eingebunden. Mehraufwand, welcher aufgrund der neuen Investitionspraxis anfällt, sollte solange nicht mit Taxerhöhungen, sondern durch Entnahmen aus dem Konto «Saldo Verpflichtung Spezialfinanzierung» finanziert werden, wie dieses einen Positivsaldo ausweist. Die Pflegeheime sollten mit der Gemeinde eine Zielgrösse für diesen Saldo «Eigenkapitalquote Spezialfinanzierung Pflegeheim» vereinbaren.

Die Gemeinden werden in ihren strategischen Finanzplanungen eine Eigenkapitalquote festlegen, aus welcher sie den Korrekturbedarf beim Steuerfuss herleiten können.

2) Die Pflegeheime berichten über hohe Jahresgewinne, ohne dass deswegen die Ta-xen sinken.

Die LU-Pflegeheime präsentieren mit ihren Jahresberichten zum Teil ansehnliche Gewinne und freuen sich am Erfolg. Die Leser beachten dabei kaum, für was diese herhalten müssen. Diese Gewinne zeigen das Ergebnis aus den Betriebsrechnungen vor den Abschreibungen und reichen meist kaum, um die Investitionen nachhaltig zu finanzieren.

Die Pflegeheime sollten sich unabhängig ihrer Rechtsform von ihren strategischen Gremien mittel- bis langfristige Bilanzziele oder zumindest eine Zielvorgabe für die Eigenkapitalquote geben lassen. Vereinbarte Bilanzziele bilden den Grundstein für eine zielführende Kommunikation über die Gewinnverwendung.

Die LU-Gemeinden sind neu per Gesetz zur Zahlung der Ergänzungsleistungen verpflichtet. Sie werden aus diesem Grund und auch als Folge ihrer neuen Rechnungslegung vermehrt wissen wollen, wie Gewinne verwendet werden.

Die Pflegeheime kalkulieren die Taxen aufgrund der Betriebskosten zuzüglich ihrer kalkulatorischen Anlagekosten. (Vollkosten) Die Kommunikation der Jahresergebnisse fokussiert sich jedoch auf den Gap zwischen dem betrieblichen Aufwand und Ertrag vor Abschreibungen. Darum steht die Frage im Raum, wieso können bei diesen Gewinnen die Taxen nicht gesenkt werden. Die Antwort lautet, für einen nachhaltigen Betrieb braucht es eine Eigenkapitalstrategie und einen betriebswirtschaftlich begründeten (Cashflow) Gewinn. Solange die Eigenkapitalquote einer Nonprofitorganisation nicht erreicht ist, sollten die Taxen nicht nur die Betriebskosten, sondern die Vollkosten decken. noldihess@bluewin.ch

Mai 2019

Betriebswirtschaft und Trends 

Brauchen die Non-Profit Organisationen als Antwort auf die Auslastungsschwankungen künftig eine Marge?

Der Trend zur hohen Nachfrage nach Langzeitplätzen ist «eingebrochen», jener nach ambulanten Dienstleistungen «zieht weiter an». Der Kostendruck bei der Langzeit nimmt darum zu. Der Markt fordert die Pflegeheime, die richtigen Angebote, attraktiv sowie knapp kalkuliert bereitzustellen.

Auslastungsschwankungen schlagen auf die Kosten. Umfassend erneuerte, modernisierte oder neue Pflegebetriebe werden unabhängig ihrer Rechtsform die kalkulatorischen Vollkosten kaum mehr einkassieren können. Die Errungenschaften der letzten Jahre kommen unter Druck, obwohl die Finanzierung von Kapital mittelfristig noch günstig realisierbar ist. Die Leistungsbesteller fördern die ambulante Pflege. Darum sinkt der Bedarf von stationären Leistungen. Bewohnende benötigen später und für weniger Aufenthaltstage einen Platz. Kürzere Aufenthalte pro Person wirken wie ein Ausbau eines Bettenangebotes. Braucht es einen solchen aktuell? Nebst der Analyse regionaler unterschiedlicher Bevölkerungsstrukturen, liefern die Statistiken[1] über Geburten, Todesfälle und Nettozuwanderungen zusätzliche, generelle Begründungen für die derzeitige Baisse. Die Geburtsstatistik ab 1900[2] zeigt ein Minus von 30% bei den Jahrgängen 1930 – 1940, aus welchen die Pflegeheime Bewohnerschaft erwarten. Betrachtet man dazu, mit der Annahme, dass Ein- und Auswanderer im Schnitt 30 Jahre alt sind, noch den Wanderungssaldo, muss man sich auf die Nettozuwanderung 1960 – 1970 konzentrieren. Tendenziell dürften diese beiden Zahlenreihen die aktuelle Nachfragesituation erklären helfen. Es ist daher anzunehmen, dass die Branche diese Einflussfaktoren noch eine Weile spüren wird, bevor die Nachfrage wieder kontinuierlich anzieht.

Die Pflegetriebe sind darum gefordert, ihre Missionen zu überdenken und die kurz-, mittel-, langfristigen Strategien zu aktualisieren. Die Kerngeschäfte dürfen sich gegenseitig nicht ausgleichen, was die Frage, wer trägt das Risiko bei Auslastungsschwankungen, beziehungsweise deren Beantwortung zusätzlich verkompliziert. Die strategischen Organe werden eine bedarfsgerechte Bereitstellung der Angebote und Dienstleistungen mit dem Fokus auf die Balance «Standards, Marktchancen, Finanzierbarkeit, Nachhaltigkeit» lenken müssen.

Vor diesem Hintergrund werden betriebswirtschaftliche und statistische Instrumente weiterhin als Ergänzung zu anderem die volle Aufmerksamkeit fordern.

Betriebswirtschaft nimmt Trends auf, liefert Fakten und gewährt Bonität für die Branche. noldihess@bluewin.ch

[1] BSV Statistik ganze Schweiz

[2]1990 (100%), 1940 (70%), 1970 (109%), 2000 (86%)

 

 

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