CORANA gibt uns Denkaufgaben. Unantastbare Werte stehen plötzlich zur Disposition. Die Exekutivbehörde sieht sich in die Führungsrolle gedrängt, ohne dass sie diese gesucht hat. Die Legislative befindet sich im politischen Timeout und die Journalisten multiplizieren im Halbstundentakt aktualisierte Exekutiventscheidungen. Ihre sonst kritische Distanz ist ausgedünnt. Karin Keller Suter sagte in einem Zeitungsinterview auf die Frage, wann wir wieder ausreisen könnten, dass dies nie verboten war, doch stelle sich die Frage, ob man uns im Ausland einreisen lasse.
Dieser unerwartete Wechsel der Perspektive verblüfft. Wir halten für selbstverständlich, wenn wir uns erlauben auszureisen, dann können wir. Reisen ist jedoch eine partnerschaftliche Frage. Um die hauchdünne Linie einer Grenze zu überschreiten, braucht es zwei Zusagen. Ich denke diese Erkenntnis lässt sich auf vieles übertragen, was uns in diesen Wochen zu denken gibt. Die Wissenschaft kann noch so viel wissen, wenn ihre Botschaft reisen darf, heisst das noch nicht, dass diese auch angenommen wird. Das gleiche gilt für die Politik. Auch wenn alle frei reden dürfen, heisst das noch lange nicht, dass davon etwas irgendwo ankommt. Zauberworte in der CORONAZEIT – achtsam, gemeinsam, diszipliniert – mutieren zu Werkzeugen im Umgang mit den neuen Sensibilitäten. Wir erleben eine Flut von Informationen mit ausführlichen Begründungen bis hin zu Anordnungen, welche gleichzeitig als Empfehlung abgeschwächt werden und dennoch kann es zu Bussen kommen.
Wir dürfen hoffen, dass innovative Ideen Gehör finden, dass uns diese auf einen neu justierten Pfad bringen und dass uns dieser gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg bescheren wird. Die Zeichen stehen gut.